Vorwort
Für dieses How To sind folgende Feststellungen wichtig:
1. Der beschriebene Umbau geschieht auf eigenes Risiko. Wir übernehmen also keine Garantie für evtl. Schäden an der Hardware.
2. Nicht jede Grafikkarte kann / sollte auf diese Art modifiziert werden. Karten, die beispielsweise auch im Idle mit dem Originalkühler trotz hoher Drehzahlen deutlich über 50° oder mehr erreichen, sollten besser mit einem anderen / leiseren, für das jeweilige Modell geeigneten Kühler ausgestattet werden, wenn die Lautstärke als störend empfunden wird.
3. Den Originalkühler zu drosseln, empfiehlt sich bei solchen Karten nicht, denn wenn der Werkskühler bereits bei hohen Drehzahlen schlecht bzw. am Limit arbeitet, wird das bei niedrigen Drehzahlen mit Sicherheit zur Überhitzung der Karte führen.
4. Der Übertaktungsspielraum einer derart modifizierten Karte ist natürlich wesentlich kleiner als der einer nicht umgeänderten. Das sollte klar sein.
Die Modifikation in der Praxis
Wer kennt das nicht? Man kauft eine neue Grafikkarte und ist nach dem Einbau entsetzt über die Lautstärke des verbauten Lüfters. Hat man Glück, so kann man mit gängigen Tools, die auch eine Lüfterregelung beinhalten (etwa RivaTuner oder ATi Tool) dem Lärm zu Leibe rücken. Oft hilft das aber auch nicht – sei es, weil der Lüfter sich gar nicht regeln lässt (etwa bei vielen Modellen von XFX), oder weil die Regelung zwar funktioniert, aber nicht das gewünschte Ergebnis bringt.
Meistens sind davon die Grafikkartenmodelle betroffen, die nur über einen zweipoligen Anschluss des Lüfters verfügen, denn dort lässt sich (wenn überhaupt) nur die Betriebsspannung des Lüfters beeinflussen. Modelle, die über drei- oder vierpolige Anschlüsse verfügen, lassen sich mit den gängigsten Tools meistens recht gut ansteuern, sollen hier also nicht das Thema sein.
Bei den anderen Kandidaten hat man nur drei Möglichkeiten: Entweder tauscht man den Lüfter gegen ein anderes Modell aus, was zwangsläufig den Garantieverlust zur Folge hat, man modifiziert das BIOS, was einen aber auch oft nicht weiterbringt und ebenfalls den Garantieverlust nach sich zieht, oder man legt mit wenigen Bauteilen und etwas Bastelfreude selbst Hand an und bastelt eine externe manuelle Lüftersteuerung – mit Garantieerhalt. Der Umbau ist zwar nicht gerade ästhetisch, aber ich habe das so bereits bei etlichen Grafikkarten praktiziert – bisher ohne Probleme.
Heute wollen wir uns daher einen Radaubruder der neueren Generation vornehmen, den ich kürzlich verbaut habe. Es handelt sich dabei um die Gainward Radeon HD3850 mit dem hauseigenen Lüfter von Gainward. Dieser entspricht nicht dem Referenzmodell von ATi und wird in dieser Form auch von Palit/Xpertvision eingesetzt. Er findet nicht nur auf ATi-basierten Modellen Platz, sondern auch auf den Nvidia-Pendants. Das unschöne daran: Der Lüfter entwickelt mit den werksseitig voreingestellten Werten auch im 2D-Modus eine Lärmkulisse von über 50 db/A. Das ist, gelinde gesagt, auf Dauer unerträglich. Gerade bei klassischen Mainstreammodellen wie der 3850 wird bei der Kühlkonstruktion oft gespart und man verzichtet auf aufwändige Konstruktionen.
Nutzt man das von Gainward zur Verfügung gestellte Expertool, so kann man den Lüfter auf 9% seiner ursprünglichen Leistung drosseln, aber da der Lüfter ab Werk mit hanebüchen hohen Drehzahlen ausgeliefert wird, bringt einen das nicht viel weiter – die Karte ist immer noch laut. Ebenso RivaTuner: Man kann den Lüfter auf sage und schreibe 1% drosseln, aber das Gebläse röhrt dann immer noch mit einem Dauerrauschen von 48 db/A weiter. Der Lüfter ist offenbar ab Werk so eingestellt, dass er eine bestimmte Spannung nicht unterschreitet. So geht es also nicht.
Das Problem an der Gainward: Man kann den Lüfter nicht ohne weiteres tauschen, da Gainward auf einer der Halteschrauben des Kühlers auf der Rückseite der Karte ein Garantiesiegel angebracht hat (siehe Bild). Hier ist der Garantieverlust also vorprogrammiert. Wir müssen daher den vorhandenen Lüfter so modifizieren, dass wir an der Karte an sich nichts verändern.
Dazu brauchen wir wenige Bauteile: Einen handelsüblichen 3-Pin Drehpoti mit den entsprechenden Kabeln, wie er etwa für die Regelung von Gehäuselüftern eingesetzt wird. Dieses Teil gibt es z.B. bei Com-Tra.de fertig zu kaufen und es kostet mit etwa drei Euro sehr wenig. Dazu benötigen wir noch ein Stück Schrumpfschlauch (Klebeband tut es auch), ein paar kleine Kabelbinder und optional ein Slotblech, das wir mit einer entsprechenden Bohrung versehen, falls die Lüftersteuerung nach außen gelegt werden soll, wenn man die Drehzahlen nachjustieren möchte. In der Regel genügt es aber, den Lüfter auf einen Wert einzustellen.
Nun müssen wir bei der Karte das Lüfterkabel auf der Platine abziehen. Bei der Gainward sind dabei die Kabel rot und blau gefärbt. Rot entspricht der spannungsführenden Leitung herkömmlicher Lüfter, blau ist mit schwarz (Masse) gleichzusetzen. Der Stecker der Grafikkarte muss nur entsprechend auf den 3-Pin Anschluss des Potis geklemmt werden. Hier genügt es, wenn man die beiden (an sich nicht passenden Anschlüsse) mit leichter Gewalt zusammenschiebt. Brechen kann nichts, da es sich um relativ weichen Kunststoff handelt. Natürlich muss die Polung beachtet werden.
Nun muss die Konstruktion noch fixiert werden. Idealerweise nimmt man dafür Schrumpfschlauch in der entsprechenden Größe. Gutes Isolierband tut es zwar auch, aber das ist mehr oder minder etwas gepfuscht und es stellt auch nicht sicher, dass die Verbindung dauerhaft hält. Bei Schrumpfschlauch ist das sicher. Im fertigen Zustand sollte das Ganze so aussehen:
Man hat nun die Möglichkeit, die Steuerung entweder nach außen zu legen oder den Poti so an der Grafikkarte zu befestigen, dass nichts im Weg ist. Wir haben uns für die zweite Variante entschieden. Der 3-Pin Stromanschluss des Potis kann nun an einem 3-Pin Anschluss auf dem Mainboard oder an einem entsprechenden Lüfteranschluss des Netzteils befestigt werden. Nun kann die Drehzahl nach Wunsch eingestellt werden. Auf diese Art lässt sich fast jeder Radaubruder in ein Flüsterkind verwandeln. Die Gainward war nach der Modifikation jedenfalls kaum noch aus dem Gehäuse herauszuhören, denn damit konnten wir die Drehzahl deutlich unter die werksseitig eingestellten Werte drosseln. Man muss nur darauf achten, dass sich der Lüfter auch tatsächlich dreht, denn manche Lüfter arbeiten unterhalb einer Spannung von 5 Volt nicht mehr – auch bei Grafikkarten.
Bei der internen Variante ist es natürlich wichtig, die korrekte Drehzahl des Lüfters zu ermitteln. Da die heute gängigen Grafikchips aber über einen Temperatursensor verfügen, ist das nicht weiter kompliziert. Man muss lediglich die Temperaturen im Idle und unter Last auslesen und dann die Drehzahl anpassen.
Man muss aber dennoch sichergehen, dass die Temperaturen, die im unmodifizierten Zustand der Karte erreicht werden, auch nach der Modifikation nicht wesentlich überschritten werden, denn sonst kann die Karte überhitzen.
Wir haben für die Radeon 3850 Werte von 37° im Idle und maximal 52° unter Last ermittelt (30 min 3DMark06). Der Geräuschpegel war dennoch jederzeit angenehm und mit dem einer 8800 GT (die bekanntlich sehr leise zu Werke geht) vergleichbar.
Fazit: Viel hilft nicht immer viel, das gilt auch für die Gainward-Karte. Wenn man bedenkt, dass der Lüfter stark gedrosselt immer noch genauso gut kühlt wie mit den werksseitig voreingestellten Werten, dann muss man fragen, was sich die Ingenieure dabei gedacht haben. Laute Lüfter bei Grafikkarten sind nicht erst seit gestern ein Thema.
Zudem handelt es sich bei der Radeon HD 3850 nicht um eine Hochleistungskarte. Allein der massive Alukühlblock ist im Grunde schon ausreichend dimensioniert. Daher müsste der Lüfter jedenfalls nicht derart laut rotieren. Dennoch kann man die Modifikation ohne Garantieverlust durchführen – das ist das entscheidende.